Ratzinger ist wohl das beste Beispiel dafür, dass auch beim Papst zwischen Amt und Person getrennt werden kann. Während er als Papst Benedikt XVI. ex cathedra die Lehrhoheit in der christlichen (de facto natürich nur in der katholischen) Kirche innehat, hat es die Person Joseph Ratzinger nicht. Während seiner Amtszeit hat Benedikt als Joseph Ratzinger eine umfassende Studie zur Christologie veröffentlicht aber nicht als Papst Benedikt XVI im Rahmen einer Enzyklika, die bindende Wirkung für die Kirche gehabt hätte, sondern als Joseph Ratzinger, um deutlich zu machen, dass das Werk eben keinen Universalitätsanspruch hat und zur Diskussion freigegeben wurde. Kantorowiczs "Zwei Körper des Königs gelten also auch hier. Nicht umsonst trägt Benedikt nunmehr den Titel Papst emeritus, um klar zu machen, dass er eben nicht mehr über die Lehrhoheit verfügt, sondern der tatsächlich amtierende Papst Franziskus. Der alte Witz von "Treffen sich zwei Päpste..." gilt hier also nur teilweise.
Was die Wahl betrifft, ist es, wie Fischer schongesagt hat, in erster Linie die Wahl des Bischofs von Rom. Dass dieses Amt mit der Sonderrolle des Papstes verbunden ist, ändert nichts daran, dass solche Bischöfe auch zurücktreten können. Theologisch gesprochen: Gott und speziell seine Wesenart des Heiligen Geistes irrte sich nicht, da er bestens über die Unzulänglichkeit des Menschen weiß und - jetzt wird spekulativ - auch in Kauf nimmt, dass ein Kandidat im dem Moment seiner Wahl der beste Kandidat ist bzw. "derjenige, der gewählt werden sollte", dies aber nicht bis zu seinem Lebensende sein muss, wobei der Papst halt aber auch selbst entscheiden muss, dass er das Amt nicht mehr adäquat ausfüllen kann.